Messebenen und Regimetypologie der Demokratiematrix


1. Die drei Messebenen der Demokratiematrix

Die Demokratiematrix kennt drei verschiedene Messebenen, die aufeinander aufbauende, unterschiedliche Perspektiven auf die Demokratiequalität eines Landes bieten. Dabei wird zwischen einer Merkmalsmessung, Kontextmessung sowie Trade-off-Messung differenziert.

Die Merkmalsmessung als erste Messebene der Demokratiematrix stellt die Ausgangsbasis der Messung dar und zielt auf die Bestimmung der Funktionsweise von zentralen Demokratieinstitutionen und damit auf die Qualität endogener Merkmale der Demokratie ab.

Die Kontextmessung fällt umfangreicher, aber auch realitätsbezogener aus. Dabei werden auch exogene Faktoren einbezogen wie insbesondere die informellen Institutionen Korruption und Gewaltniveau sowie sozio-ökonomische Bedingungen wie Bildungsungleichheit. Die Demokratiematrix verbleibt jedoch in einer Definition mittlerer Reichweite, da auch hier nur solche Kontextfaktoren einbezogen werden, welche entweder die Wirkungsweise formaler Institutionen qualitativ verändern oder politische Ungleichheit durch soziale Ungleichheit im Sinne notwendiger Bedingungen hervorrufen. Daher werden nicht alle sozialen Ungleichheitsfaktoren einbezogen, die förderlich oder hinderliche Wirkungen auf die Demokratiequalität haben, sondern nur solche bei denen die Auswirkungen notwendigerweise qualitätsmindernde Effekte erzeugen. Wir zählen dazu Bildung in ihrer elementaren Prägung, die angibt, inwieweit die Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte kennen und wahrnehmen können. Ebenso greifen wir informelle Institution auf, die wie Korruption die gleichen negativen Wirkungsmechanismen zeigen.

Schließlich untersucht die Trade-off-Messebene (Lauth/Schlenkrich 2018) die demokratiequalitativen Auswirkungen des institutionellen Demokratiedesigns. Es werden auf dieser Messebene nur Demokratien untersucht, die über die Merkmalsmessung bestimmt werden. Die Entscheidung für ein bestimmtes institutionelles Design ist nicht mit einer höheren Demokratiequalität verbunden, sondern es handelt sich um normativ gleichwertige und begründbare Entscheidungen. Demokratiedesigns haben eine Präferenz für eine bestimmte Demokratiedimension. Diese Präferenz für eine Dimension geht aber demokratietheoretisch gesehen zu Lasten einer anderen Dimension, so dass sich die Demokratiequalität in unterschiedlichen Dimensionen verteilt. Dies spiegelt sich im Trade-off wider.


2. Die Regimetypologie der Demokratiematrix

Die Demokratiematrix unterscheidet zwei Grundtypen (Lauth 2016) von Regimen: Autokratien und Demokratien. Während sich Demokratien nach der Definition der Demokratiematrix durch eine Wahrung der Dimensionen der politischen Freiheit, politischen Gleichheit und politischen und rechtlichen Kontrolle sowie einer demokratischen Funktionslogik in fünf zentralen Institutionen definieren, ist das root concept der Autokratie dadurch gekennzeichnet, das weder diese Dimensionen noch diese Institutionen gar nicht oder nur sehr schwach ausgeprägt sind. Während harte Autokratien keinerlei Freiheits-, Gleichheits- und Kontrollrechte aufweisen, zeigen moderate Autokratien Liberalisierungstendenzen in einigen Bereichen, die aber innerhalb der autokratischen Funktionslogik zu verorten sind. 

Daneben wird der Grundtypus der Demokratie durch einen verminderten Subtypus weiter ausdifferenziert. Die defizitäre Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass sie zwar alle Merkmale des Grundtypus aufweist, jedoch manche ihrer Merkmale nur partiell ausgeprägt sind. Schließlich findet auch eine Unterteilung in hybride Regime statt (Bogaards 2009). Hybride Typen sind keine verminderten Subtypen, da es ihnen nicht an der vollen Ausprägung eines Merkmales ermangelt, sondern diese weisen eine Vermischung von Merkmalen beider Grundtypen auf, so dass sie autokratische und demokratische Dimensionen bzw. Institutionen gleichzeitig vereinen.

Die Regimetypen werden als Qualitätstypen bezeichnet, da sie auf qualitätsgraduelle Unterschiede zurückzuführen sind. Damit werden sie von den Demokratieprofilen abgehoben, die aufgrund der unterschiedlichen aber qualitätsäquivalenten Strukturierungen der Dimensionen untereinander im Sinne der Trade-off-Messung entstehen.


3. Literaturverzeichnis

Bogaards, Matthijs. 2009. How to classify hybrid regimes? Defective democracy and electoral authoritarianism. In: Democratization 16, S. 399–423.

Lauth, Hans-Joachim und Oliver Schlenkrich. 2018. Making Trade-Offs Visible: Theoretical and Methodological Considerations about the Relationship between Dimensions and Institutions of Democracy and Empirical Findings. In: Politics and Governance 6, S. 78–91.

Lauth, Hans-Joachim. 2016. Regime in der Vergleichenden Politikwissenschaft: Autokratie und Demokratie. In: Lauth, Hans-Joachim, Marianne Kneuer und Gert Pickel [Hrsg.]: Handbuch Vergleichende Politikwissenschaft. Wiesbaden, S.123-139.